Partizipation – ein Begriff, mit dem Eltern meist in Berührung kommen, sobald das eigene Kind die Kita besucht. Deutsche Kitas sind schon lange verpflichtet Partizipation im Pädagogischen Konzept zu verankern und im Kita-Alltag zu leben. Aber auch im Familienalltag sollte Partizipation einen großen Stellenwert erhalten, haben Kinder hierzulande schließlich das Recht auf freie Meinungsäußerung und Mitbestimmung.
Der Begriff Partizipation (lateinisch participatio) wird u.a. übersetzt mit Beteiligung, Teilhabe, Mitwirkung, Mitbestimmung, Mitsprache und Einbeziehung. Bedeutet also, dass Kindern die Möglichkeit gegeben werden soll, ihre Meinung zu äußern und altersentsprechend mitzuentscheiden. Man könnte annehmen, dass Kinder nicht in der Lage sind, Entscheidungen perspektivisch abzuwägen und sich für den bestmöglichen Weg festzulegen. Die Wahrheit ist: Das können sie, je nach Alter und Entwicklungsstand, in vielen Fällen tatsächlich noch nicht. Wahr ist aber auch, dass Kinder bestimmte Fähigkeiten nur dann erlernen können, wenn wir ihnen die Möglichkeit geben zu üben. Zum Üben gehört es eben auch, manchmal Fehler zu machen. Und sind wir doch mal ehrlich: Fehlentscheidungen treffen nicht nur Kinder, sondern auch wir Erwachsenen. Viel wichtiger als fehlerfrei durchs Leben zu gehen ist es doch, bei Fehlentscheidungen zu schauen, wie wir damit umgehen können. Resilienz ist das Wort dafür, in Krisensituationen die Gewissheit und Zuversicht zu haben, dass ich in der Lage bin diese Krise überwinden und meistern zu können.
Durch Mitsprache lernen Kinder also wichtige Grundfähigkeiten, die ihnen im Jugend- und Erwachsenenalter zugutekommen. Das sind einerseits sprachliche Kompetenzen, die durch Abschauen bzw. Abhören bei älteren Kindern oder Erwachsenen erlernt werden. So z.B. die Ausbildung eines großen Wortschatzes, Grammatikregeln verstehen und anwenden, aber auch Regeln, die die Gesprächsführung betreffen (wenn ein anderer redet bin ich still und warte, bis ich an der Reihe bin). Genauso sind es aber auch soziale Kompetenzen, wie z.B. die Fähigkeit für sich und seine Belange einzustehen, wie aber auch sich selbst zurück nehmen zu können und den Bedürfnissen anderer Familienmitgliedern oder dem Wohl der Gemeinschaft den Vortritt zu lassen. Ebenso die schon oben bereits erwähnte Resilienzfähigkeit. Ein Kind, welches Zuhause seine Meinung frei äußern darf und in Entscheidungsprozesse einbezogen wird, lernt außerdem eine sehr wichtige Botschaft: „Du bist wichtig und richtig!“ Wenn diese Botschaft unser Kind durch seine Kindheit begleitet, dann wird es diese Botschaft verinnerlichen, und sehr wahrscheinlich einen gesunden Selbstwert entwickeln. Hingegen Kinder, denen autoritär begegnet wird, nach dem Motto „wenn der Kuchen redet, haben die Krümel still zu sein!“ eher ein mangelndes Selbstbewusstsein entwickeln. Dies belegen inzwischen zahlreiche Studien.
Nun stellt sich die Frage, ab welchem Kindesalter mit der Partizipation im Familienleben begonnen werden kann. Die Antwort ist vermutlich genauso simpel wie auch verwirrend und lautet: Sobald das Kind geboren ist. Unsere Kinder kommen kompetent zur Welt. Das heißt, sie nehmen von Anfang an ihre eigenen Bedürfnisse wahr und drücken diese auf verbale und nonverbale Weise aus. Unsere Aufgabe als Eltern ist es nun, die Signale des Babys richtig zu deuten und diese feinfühlig zu beantworten. Nichts anderes tut auch ein zweijähriges Kind, welches sich vor Wut überschäumend auf den Boden wirft. Es drückt seine Bedürfnisse aus. Oder ein vierjähriges Kind, welches „Ich will jetzt aber trotzdem ein Eis!“, schreit. Oder ein Kleinkind, welches beim Zähneputzen partout nicht den Mund öffnen will. Diese Auflistung könnte ich unendlich fortführen. Was ich sagen möchte ist, dass Partizipation viel mehr ist, als das berühmte Kinderparlament, welches einmal wöchentlich in der Kita tagt. Partizipation ist mehr als ein Wochenplaner und farbige Magnete. Partizipation bedeutet hinzuschauen und zuzuhören und sich einzufühlen. In das Kind und auch in mich selbst. Partizipation bedeutet zu fragen „Was brauche ich und was brauchst Du? Und wie finden wir jetzt eine Kooperation?“