Partizipation im Familienalltag leben.

Bindungs- und bedürfnisorientierte Elternschaft gerät immer mal wieder auch in die negativen Schlagzeilen.

Der Grund: Eltern wollen es besonders gut machen,

 haben häufig nur die Bedürfnisse ihrer Babys und Kinder im Blick und nicht ihre eigenen.

Viele Eltern geraten so schnell in die Burnout-Falle.

Aber muss das wirklich sein?

Heike Kotthoff verrät in diesem Interview ihre Tipps für ein Familienleben in Balance.

Heike ist zweifache Mutter, Bloggerin, Inner Balance Coach und Yogalehrerin (i.A.).

Sie berät Frauen, die beide Rollen im Einklang Leben wollen: Die der Mutter und die der Unternehmerin.

Hanna: Vielen Paaren geht es ja ähnlich. Während der Schwangerschaft haben sie eine romantische Vorstellung vom Familienleben. Kaum ist das Baby da, ist alles irgendwie ganz anders. Hast du Tipps für Paare, wie sie bereits in der Schwangerschaft Vorkehrungen für eine möglichst entspannte Babyzeit treffen können?

Heike: Da kann ich einfach jedem empfehlen: Schau nach innen, schon in der Schwangerschaft.  Lass dich nicht verunsichern von Kommentaren oder ungefragten Ratschlägen anderer. Bleib bei dir. Es ist dein Leben und das soll sich für dich / für euch als Familie gut und richtig anfühlen. Folgende Fragen können helfen: Was ist mir wichtig? Was brauche ich damit es mir gut geht? Welche Familienregeln  und –rituale wollen wir?

Hanna: In meinen BabySteps®-Kursen berichten mir Mütter immer wieder, dass sich für ihren Partner eigentlich gar nicht so viel verändert hat. Er arbeitet, trifft sich mit seinen Freunden und findet auch noch Zeit für seine Hobbys. Sie hingegen ist in Elternzeit, leidet unter Schlafmangel, ​bekommt den Haushalt nicht auf die Reihe, schafft es häufig nicht einmal zu duschen, an Freundinnen ist gar nicht zu denken. Wie kommt man aus diesem Hamsterrad wieder raus?

Heike: So war es bei uns nie! Wir haben von Anfang an beschlossen, dass wir uns alles teilen wollen. Nach der ersten Geburt ging es mir körperlich sehr schlecht, sodass mein Mann nachts immer aufstehen musste um mir unsere Tochter anzulegen und dann hat er sie gewickelt, in den Schlaf begleitet… 

Für uns war auch immer klar, dass wir uns die Nächte aufteilen. Wir haben immer geschaut wer gerade welche Energiereserven hat und was natürlich beruflich bei meinem Mann anstand. Aber auch wenn es den Männern in der Woche nicht möglich ist, so gibt es ja auch noch ein Wochenende! Natürlich kann der Mann nicht stillen, aber wickeln, tragen, schmusen, wiegen, kann der Mann nachts genauso gut. Hier erlebe ich allerdings sehr oft, dass die Frauen den Männer das schlichtweg nicht zutrauen oder sie gar nicht machen lassen (Ja, Männer machen es anders, aber nicht schlechter).​Das Gleiche gilt natürlich auch für den Haushalt. Nur weil ein Mann das Geld nach Hause bringt, heißt das ja noch lange nicht, dass die Frau dann für alles andere zuständig ist. Redet miteinander, kommuniziert eure Bedürfnisse und liebe Frauen, steht für euch ein. Denn oftmals laden wir Frauen viel zu viel auf unsere Schultern und bezahlen dann am Ende selbst einen hohen Preis dafür!   

Hanna: Welche Tipps hast du für Eltern, die sich keine Unterstützung bei den Großeltern holen können?

Heike: Wenn ihr Unterstützung braucht, dann lernt danach zu fragen. Vielleicht wohnt nebenan jemand, der sich tierisch freuen würde, mal eine Runde mit dem Kinderwagen zu schieben. Oder fragt eure Freunde. Bei uns war es total toll, denn wir haben von Anfang an auch Freunde mit eingebunden und die haben sich immer riesig gefreut. Denen haben wir sogar einen Gefallen getan.

Hanna: Das Baby nach Bedarf stillen und trotzdem Zeit für sich als Mama – geht das?

Heike: Ja, auf jeden Fall. Man kann es z. B. mit Abpumpen versuchen, wenn man mal wirklich „raus“ möchte. Oder du nutzt die kleinen Schlafpausen des Kindes einfach mal für DICH statt fürs Aufräumen, Putzen etc..  Wer Kinder hat, muss sowieso damit klarkommen, dass man nie alles fertig hat und dass es auch nie 100% sauber und ordentlich ist 😉

Hanna: ​Attachment Parenting und Paar bleiben – wie passt das für dich zusammen?

Heike: Eltern sein und Paar bleiben, das funktioniert nur, wenn man der Beziehung auch eine Priorität im Leben einräumt. Wir haben beispielsweise alle 4 Wochen ein „Date“, wo immer abwechselnd etwas organisiert wird. Und das muss gar nichts Großes sein.

​Es kann ein Spieleabend, ein Kochabend etc. sein. Es geht darum Zeit als Paar zu verbringen.

Hanna: Heike, du bist selbst zweifache Mutter und Businessfrau. Verrätst du uns euer persönliches Konzept für ein glückliches, erfülltes Familienleben?

Heike: REDEN. REDEN. REDEN. Als Mama bist du plötzlich in einer zusätzlichen Rolle. Aber das heißt ja nicht, dass all deine anderen Rollen auf einmal einfach weg sind. Darum ist es auch so wichtig, dass du dich immer wieder reflektierst und dann auch wirklich für deine Bedürfnisse einstehst und mit deinem Partner sprichst. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir uns nur dann richtig gut um jemand anderen kümmern können, wenn wir uns auch selbst gut um uns kümmern. Manche Mamas glauben sie müssten alles aufgeben um eine gute Mutter zu sein. Das glaube ich nicht. Ganz im Gegenteil. Ich stelle mir daher oft die Frage: Wenn mein Kind später erwachsen ist, an welche Mama soll es sich dann erinnern? An eine Businessmama die nie Zeit hatte? An eine Mama, die immer nur den Putzlappen in der Hand hatte? An eine Mama, für die eine Welt zusammengebrochen ist als das Kind ausgezogen ist? Oder an eine Mama, die sich ein Leben nach ihren Wünschen erschaffen hat, bei der immer eine gewisse Leichtigkeit und pure Liebe in all ihrem Tun spürbar war, die auch mal weg war und es dann mit Papa eine richtig tolle Zeit war.